Wie Baden-Württemberger zum Segeln kommen (oder auch nicht)

Die Deutschen verreisen gern, auch die Baden-Württemberger. (Mittlerweile gibt es ja Billigflüge, ;-)).
Viele kennen das, man sitzt an einem lauen Sommerabend in einer griechischen Taverne, einem italienischen Ristorante, einer spanischen Bodega am Meer bei einem Glas Wein, einer Flasche Bier, der Wind streift sacht um die sonnenverwöhnte Haut, das Möwengekreisch verstummt langsam, Fischgeruch liegt in der Luft. Man lässt den Blick in die Ferne schweifen, man hat alle Zeit der Welt – Urlaub! Langsam versinkt die Sonne. Die letzten Sonnenstrahlen für diesen Tag färben das Meer in einen orange-glitzernden Teppich. Der Blick verweilt, sucht den weiten Horizont. Segelboote kreuzen das Wasser. Eines löst sich aus der Ferne, kommt immer näher Richtung Hafen. Langsam kommt es näher, nimmt immer mehr Gestallt an. Schon erkennt man den Steuermann, das Ruder fest im Griff. Man sieht die Bootsfrau, die Luvleine in der Hand in der Hoffnung, dass ein freundlicher Zuschauer ihr diese abnehmen wird. Oder das größere Schiff mit der Sechs-Mann-Crew, fünf Männer gut verteilt an steuer- und backbord, man denkt, wow, der Skipper hat’s im Griff, beschäftigt fünf Leute zum Anlegen. Was haben die in der Weite des Meeres erlebt, welchen Abenteuern mussten sie sich stellen? Das Boot legt mehr oder weinger gekonnt an seinem Platz an, die Leinen werden festgemacht, die Fender kontrolliert, die Navigationsdaten festgehalten, das erste Anliegebier aufgemacht, die Seeleute machen es sich im Cockpit gemütlich. Viele Gäste denken, das will ich auch, vor allem Männer.
Selbstverständlich kann man diese Faszination auch an der Ost- und Nordsee erleben. Dort wird es etwas schwieriger, wenn der Wind nackte Haut umschmeicheln soll. Er bläst zu kalt! Oft wütet er einem die Haare senkrecht in die Höhe und lässt sie fallen, wenn er genug hat. So liegen sie dann. Lieber Wollmütze aufziehen, die wärmt so schön.
Die Sonnenuntergänge dauern viel länger im Norden und sind oft mindestens genauso schön.

Die Baden-Württemberger und das Segeln! Wir haben das wunderschöne Schwäbische Meer, den Bodensee. Von mir heißgeliebt, verbrachten Walter und ich dort unsere ersten gemeinsamen Jahre. Man kann schon auf ihm segeln, wenn man das will. Gelegentlich soll es dort Wind geben. Dann allerdings so viel, dass man schnell in Seenot geraten kann. Und es ist eben ein See.
Ich hörte von einem Schwaben, der lange Zeit auf dem Bodensee gesegelt ist. Irgendwann hat er seine Yacht auf die Ostsee verlegt und meinte, er wolle jetzt richtig segeln.
Nicht alle Norddeutsche segeln. Ein Hamburger antwortete auf meine erstaunte Frage, ob er nicht segelt – seine Freundin ist begeisterte Seglerin, man würde es kaum glauben, aber auch in Norddeutschland gäbe es Land und ihre Babys würden meist nicht auf dem Wasser geboren werden.
Ab und zu höre ich von Frauen, dass ihnen beim Segeln das viele Wasser um sie herum Angst machen würde, vor allem in der Tiefe. Offen gesagt, macht mir wenig Wasser unterm Kiel mehr Angst, grins. Das ist wohl unsere Erdverbundenheit hier in Süddeutschland. Wenn das Boot sicher ist, der Skipper vertrauenserweckend, das Wetter stimmt, kann frau sich auf einem Segelboot sehr geborgen fühlen. Die tragenden Bewegungen eines Schiffes hat man zuletzt wohl nur im Zustand vor der Geburt erlebt. Leinen los und alles einmal hinter sich lassen. Der Blick wird frei, losgelöst von Allem. Der Wind spielt mit den Wolken, sie verändern ständig ihre Form. An Landnähe begleitet einen das Geschrei der Möwen, es macht Spaß ihren Flugkünsten zuzuschauen. Die Luft ist rein, riecht nach Meer.
Wichtig ist nur der Weg und wie erreicht man das Ziel.
Eine Frau erzählte mir mal von ihrem vierjährigen Sohn. Der aufgeweckte Junge beschäftigt sich beim Segeln stundenlang damit, seinen Fender zu beobachten. Der wird am Heck festgemacht und vom Boot hinterhergezogen. Dem Kleinen macht es großen Spaß, dem Fender beim Auf- und Abtanzen in den Wellen zuzuschauen. Wer weiß, um was es sich dabei wirklich handelt?!
Das ist Segeln, man findet zur Ruhe, Zeit spielt keine Rolle, es sei denn, an Land warten die nächsten Verpflichtungen.
Skipper: wichtigste Person auf dem Schiff, trägt die Verantwortung. Mit ihm wird nicht diskutiert, sein Wort ist Gesetz. Kommen offizielle Menschen an Bord, fragen sie zuerst nach dem Skipper und reden nur noch mit ihm. Alle anderen Crewmitglieder sind unwichtig. Das habe ich sogar bei einem Vercharterer erlebt. Polizei oder sonstiges hatten wir zum Glück noch nicht auf dem Schiff.

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