Von den Westmänner-Inseln zurück nach Höfn

Was für eine Überfahrt! Der Alptraum von allen Seglern! Bei schwachem SW legten wir um 9 Uhr in Heimaey ab. Die Temperatur betrug 12,8 Grad Celsius. Die Wellen lagen bei 1-2 Meter Höhe. Auf See ist das schwer einzuschätzen – wo ist der Nullpunkt, wo setzt man den Meterstab an? Jedenfalls war der Wellengang erträglich, ab und zu hatten wir eine starke Dünung. Wir setzten Groß und Genua und segelten gemütlich von dannen. Sehr gemächlich verkleinerten sich die Westmänner-Inseln. Wir sollten sie noch 30 Seemeilen beobachten können.

Kurz nach 11.30 Uhr drehte der Wind auf SO und nahm ab auf 1-2 Knoten. Dabei schwingt die Snow Goose nur noch hin und her, da gibt es kein Vorwärtskommen mehr. Wir bargen die Genua und starteten den Motor. Um 12.30 Uhr wehte der Wind um 8-9 Knoten aus SW. Hoffnungsvoll machten wir den Motor aus, setzten die Genua – der Wind könnte ja noch zunehmen. Den Gefallen tat er uns nicht, im Gegenteil, mehr als 5-7 Knoten gestand er uns nicht zu. Den Wind hatten wir direkt von hinten, eine starke Dünung von der Seite. Am Wellenberg spürte wir deutlich, wie die Snow Goose an Fahrt verlor.

Von 9 Uhr bis 13 Uhr kämpften wir tapfer darum, um zu segeln. Wir gaben auf! Motor an, erst im Hafen von Höfn sollten wir ihn wieder ausmachen. Ihr hättet unsere Gesichter sehen sollen, sie wurden länger und länger.

In der Nacht drehte zwar der Wind auf NO, doch nun hatten wir ihn genau von vorne. Bei der gleichen Stärke von 3 Bft hätte kreuzen keinen Sinn gehabt.

So fuhren wir unter Motorengebrumm die Südküste Islands entlang. Wie immer, wenn wir vorbei kamen, versteckte sich der Eyjafjallajökull unter einer Wolkenhaube. Vielleicht schämt er sich immer noch, weil er so klein ist und vor 2 Jahren die ganze Welt, meist mit zornigen Blicken, auf ihn geschaut hat, nachdem er tagelang Aschewolken weit in den Himmel gespukt hat.

Die Isländer haben Humor. Man kann T-Shirts kaufen mit dem Aufdruck: Eyjafjallajökull –in welchem Wortteil ist dein Problem? (auf Englisch). Das GANZE Wort ist EIN Problem. Im Film über den Vulkanausbruch sind Reporter zu hören, die sich bemühen, das Wort auszusprechen. Die Isländer müssen sich vor Lachen auf dem Boden gewälzt haben. Am besten war einer, der den Namen gesungen hat.

Wir wurden öfters gefragt, wo wir hin wollten oder was wir schon gesehen haben. Wir haben die Namen nach allen Regeln geübt. Doch wenn wir sie vor Isländern ausgesprochen haben, schauten sie uns nur verständnislos an. Diese alte Wikingersprache muss einem in die Wiege gelegt werden, um sie zu beherrschen.

Später passierten wir den Myrdalsjökull, ein großer, beeindruckender Gletscher, der lange entlang der Küste zu sehen ist.

Das Gute an der Motorfahrt war, dass ich mich ausgezeichnet fühlte. Walter kochte am Abend einen leckeren Reis in Kokosmilch mit feinen asiatischen Gewürzen, Blumenkohl hatten wir noch. Das Schlafen war durch das Dröhnen des Motors erschwert.

Lange begleitete uns die Ansicht des größten Gletschers von Island – den Vatnajökull mit stolzen 8300 Quadratkilometern. Bis Höfn zeigte er sich in abwechslungsreichen Bildern.

Kurz vor der Einfahrt nach Höfn kam Wind auf, bis 18 Knoten, na vielen Dank.

Die Einfahrt gilt als anspruchsvoll. Bei Springzeit ist mit 8-10 Knoten Gegenströmung zu rechnen. Die Einfahrt ist flach und versandet gern. Ein ausgebaggerter Kanal führt zum Hafen. Rechts und links stehen Seevögel auf dem Wasser. Richtfeuer helfen, den richtigen Weg zu finden.

Walter legte den Gashebel um – wir fuhren mit 2 kn und hatten 4,5 kn dagegen. Das Wasser sah eigenartig aus. Überall bildeten sich Strudel und Kreuzseen. Walter hatte Mühe, die Snow Goose auf Kurs zu halten. Immer wieder wurde das Boot von den Wellen um 60 Grad verschoben. Zum Glück war der Weg nicht lang, bis wir in ruhigere Gewässer kamen. Skipper Walter hat das Problem in Ruhe und sicher gelöst.

Als wir von den Färöern kamen, hatten wir ganz andere Bedingungen und wunderten uns, wieso die Ansteuerung des Hafens als eine der schwierigsten Islands gilt.

Die Ursache dafür ist, dass sich Schmelzwasser aus dem Gletscher mit dem Gezeitenstrom treffen. Wie intensiv das Ganze wird, hängt zum einen davon ab, wie viel Gletscherwasser schmilzt und zum anderen, wie stark der Gezeitenstrom ist.

Auf jeden Fall empfiehlt es sich, vor der Hafeneinfahrt, über Funk (Ch 12) Kontakt mit dem Hafenmeister aufzunehmen. Wegen den Strömungsverhältnissen und eventueller Versandung, außerdem können große Fischerboote unterwegs sein.

Nun liegen wir erneut im Hafen von Höfn, dieses Mal leider ohne Michael, Raija und Pekka und genießen die letzten Tage in Island.

 

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