Schottland

Ich war Anfang Zwanzig, als ich zum ersten Mal nach Großbritannien reiste. Niemand wollte damals mit mir im Norden Urlaub machen, so fuhr ich eben alleine. Für drei Wochen besorgte ich einen Britrail–Pass. Damit durfte ich mit der Eisenbahn kreuz und quer durch Großbritannien reisen. Das war einer meiner schönsten Urlaube.

Mein Ziel war der nördlichste Ort in Schottland, der mit dem Zug zu erreichen war und eine Jugendherberge hatte. Keine Ahnung, wo ich damals angekommen bin. Ich erinnere mich, dass ich am tobenden Meer stand. Es war Abend. Finstere, bedrohliche Wolken jagten über den Himmel. Mit lautem Getöse krachten steile Wellen gegen scharfe Felsen. Schauerböen brachen auf mich herab. Der mächtige Wind zerrte an meinen Kleidern. Ich hatte Angst, von einer Böe ins Wasser gestoßen zu werden. Ich fühlte mich ein wenig verloren.

Damals dachte ich, jetzt habe ich mich weit in den unwirtlichen Norden gewagt, jetzt ist es Zeit, umzukehren. Hier ist es zu heftig für mich.

Heute, lange Jahre später, komme ich von weit nördlicher zurück nach Schottland. Heute denke ich, schön ist es, älter zu werden. Der Blickwinkel ändert sich, man kann viel lernen, vor allem über sich selbst.

 

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