16. – 21.08.2012 – Kaledonischer Kanal

Endlich! Die Reise ging weiter. Nach etlichen Telefonaten bekamen wir grünes Licht, der Kanal ist wieder geöffnet. Ein Holzbalken unterhalb des Seeschleusentores hatte sich abgesenkt. Die Betreiber befürchteten, dass sich das Tor durch den Wasserdruck verbiegen könnte. Dann wäre die Schleuse für Wochen gesperrt gewesen. Das wurde notdürftig repariert und muss bis zum Winter halten.

Der Kaledonische Kanal verbindet zwischen Fort William und Inverness den Atlantik mit der Nordsee. Er ist knapp 100 km lang, 6 m tief und bis zu 30 m breit. Der künstliche Kanal macht nur ein Drittel der Gesamtlänge aus. Dazwischen liegen Loch (Loch bedeutet See) Lochy, Loch Oich und Loch Ness. Ja, hier wohnt Nessi! Er gilt als einer der schönsten Wasserwege Europas.

Gebaut wurde der Kanal Anfang des 19.Jh. von Thomas Telford. Der Grund war, dass Kriegsmaterial schneller von Ost nach West und umgekehrt, geschafft werden könnte. Damals war der napoleanische Krieg. Der übliche Weg führte um die Nordspitze Schottlands, den Pentland Firth, der wegen seiner Stürme und vielen Wracks heute immer noch gefürchtet wird.

Als der Kanal allerdings 1822 eröffnet wurde, war der Krieg zu Ende.

Für die damalige Zeit war der Bau ein grandioses Projekt. 29 Schleusen wurden gebraucht. Bereits 12 km hinter Fort William warten die spektakulärsten – `Neptuns Treppe`. Auf einer Distanz von 500 m werden durch acht Schleusenstufen fast 20 m ausgeglichen, eine Meisterleistung.

Für uns bedeutete das Arbeit. Zuerst ging´s den Berg hoch. Wir mussten vorn und hinten Leinen hochwerfen und immer wieder dichtholen. Mit einer Doppelschleuse bei Corpach fing alles an. Bei Neptun´s staircase blieb ich oben und lief mit den beiden Leinen zur nächsten Schleuse. Das sah aus, als hätte ich die Snow Goose an der Leine wie einen Hund. Die Schleusenwärter waren sehr freundlich, eine Schleusenwärterin nahm mir immer eine Leine ab.

Viele Touristen hatten sich eingefunden, um das Spektakel anzuschauen. Das war nett, immer wieder entwickelte sich ein Gespräch.

An Segeln war auf Loch Lochy und Loch Oich nicht zu denken. Der Wind blies uns mit 3 Bft aus Ost direkt auf die Nase. Am Abend legten wir in Fort Augustus, ungefähr auf der Hälfte der Strecke, an. Für die 24 sm hatten wir 9 (!) Stunden gebraucht; 2,5 davon waren wir in den Schleusen. Im Kanal darf man nur 5 kn fahren. Wenn man zu schnell an der nächsten Schleuse oder einer Drehbrücke ist, wird man bestraft. Am ersten Tag sind wir durch 15 Schleusen gefahren – wir waren erschöpft. Dennoch hat das Spaß gemacht. Unterwegs erlebten wir Natur pur, die Landschaft ist abwechslungsreich und fasziniert durch ihre Wildheit. Die Highlands bedeckten sich leider mit einem dichten Schleier, es regnete öfters. Trotzdem hatte das seinen Reiz.

Die nächsten zwei Nächte verbrachten wir in Fort Augustus. Am Samstagmorgen genossen wir erst mal ein schottisches Frühstück. Dazu gehören weiße Bohnen, ein Spiegelei, Würstchen, Rösti, Toast, Tee oder Kaffee, (nein, keinen Whisky) und black pudding. Ich vermutete, das wäre was Süßes. Auf meine Frage an den Kellner, aus was black pudding zubereitet wird, antwortete dieser:“ Aus Blut.“ Ich habe mein Gesicht nicht gesehen, aber eine Frau am Nachbartisch lachte laut los, sie konnte sich kaum beruhigen. Black pudding ist gekochte Blutwurst, früher wurde das in einer Puddingform gemacht. Sie wird vor dem Verzehr angebraten. Schmeckt gar nicht mal schlecht.

Anschließend sind wir mit dem Bus zum malerischen Urquhart Castle am Loch Ness gefahren. Dort ist es superschön. Davon haben sich außer uns noch sehr viele Touristen überzeugt.

Daraufhin liefen wir etwa eine halbe Stunde nach Drumnadrochit und besuchten das Loch Ness Exhibition Centre – wegen des Ungeheuers von Loch Ness. Wir haben Nessie gesehen, hundert Mal und mehr, vermutlich Made in China – in Plüsch.

Sonntagmorgen um 8 Uhr sollte es wieder in die Schleusen gehen.

Wir waren ein bisschen ratlos. Mit uns stand eine Flotte aus gecharterten Hausbooten bereit. Um 7.45 Uhr warfen sie die Motoren an. Wir hatten keine Ahnung, wie viele der Boote in die Schleuse  passen würden. Bald war klar, alle sieben – fünf Motorboote und zwei Segler. Das war spannend, Hausboote kann man ohne Bootsführerschein mieten. Wir hielten uns weiter hinten.

Drei der Motorboote waren in schwäbischer Hand –  mir wissad hald, wos schee isch. Die Crew eines Weiteren war ebenfalls deutsch.

Dieses Mal waren am Anfang fünf Schleusen, den Berg abwärts. Das hieß, dasselbe Spiel wie in Neptun’s staircase, nur diesmal mussten wir die Leinen nicht dichtholen, sondern nachlassen.

Anschließend durchfuhren wir eine geöffnete Drehbrücke und erreichten direkt Loch Ness. Uns erwartete 0 Bft! Loch Ness ist 37 km lang, wir wären gerne gesegelt.

Wir sahen Urquhart Castle vom Wasser aus, das war noch beeindruckender.

In Tomnahurich mussten wir eine Weile auf den Brückenmeister warten, der war gerade beim Lunch. Dafür lernten wir drei nette Schotten kennen, die uns mit ihrer sprichwörtlichen Hilfsbereitschaft unter ihre Fittiche nahmen. Sie funkten die Schleusenwärter an und meldeten uns auch gleich. Am Ende organisierten sie einen Liegeplatz in der Seaport Marina für uns.

Zwei Hafentage verbrachten wir hier. Gestern war Waschtag. Heute schauten wir Inverness an. Morgen nehmen wir Abschied vom Kaledonischen  Kanal. Weiter geht’s zur Nachtfahrt nach Peterhaed. Ich freue mich darauf, mal wieder richtig lange auf See zu sein.

 

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