22. – 23.08.2012 – Nachtfahrt nach Peterhead

Eigenartig! Zu Beginn unseres Törns scheute ich mich immer vor den Nachtfahrten. Ich fand sie anstrengend, befürchtete, seekrank zu werden, konnte nicht richtig schlafen, hatte Angst um Walter, der viele Stunden alleine an Deck saß. Für mich galt vor den Nachtfahrten – Augen zu und durch.

Heute genieße ich die langen Stunden auf dem Meer. Selbst wenn Walter schläft, fühle ich mich wohl alleine an Deck. Wenn Segelwetter ist, die Snow Goose durch das Wasser pflügt, Wolken ein Naturschauspiel bieten, Seevögel ihre Kunststückchen vorführen, langsam die Sonne untergeht, die Nacht mit ihren eigenen Geräuschen von Osten heranzieht, bin ich am richtigen Platz.

Die Fahrt nach Peterhead war ein Wechselspiel zwischen Segeln und Motorfahren. Für Raumwind-Kurs brauchen wir einfach ein paar Knoten Wind mehr. Lange konnten wir mit der Genua segeln, zwischendurch sank die Windgeschwindigkeit auf 2 Bft, nahm jedoch wieder zu auf 4 Bft. Von den 21 Stunden bis Peterhead, sind wir immerhin nur knapp 6 Std. unter Motor gefahren. Das haben wir auch schon anders erlebt.

Was uns immer wieder vor ein Rätsel stellt, ist die Strömung. Nach unserem Plan müssten wir in der langen Zeit auf dem Meer Ebbe und Flut erleben. Doch oft strömt es mit oder gegen uns, wenn wir das gar nicht erwarten. Vermutlich sind das örtliche Strömungen, die die Menschen, die hier leben, sicher bestens kennen. Im Gebiet des Rattray Head hatten wir 2 – 2,5 kn dagegen. Unsere Geschwindigkeit sank auf sagenhafte weniger als 2 Knoten – da musste der Motor mithelfen.

Leider ereilte Walter in der Nacht ein schreckliches Unglück. Bei 40 Knoten Windgeschwindigkeit kämpfte er mit dem Großsegel. In einer grauenvollen Böe schlug der Baum aus. Er schlug Walter direkt auf seinen Brustkorb. Die Rippen barsten mit lautem Krachen. Mit letzter Kraft schleppte er sich ans Ruder, um das Schiff auf Kurs zu halten. Er hielt dort heldenhaft unter größten Schmerzen bis zum Morgengrauen aus. Bis ich mit einer Tasse Kaffee kam.

In Wirklichkeit spielte sich das Ganze unwesentlich anders ab. Eine Keksdose hat sich selbstständig gemacht, Walter bückte sich und wollte nach ihr greifen, in dem Moment kam eine Welle, Walter verlor das Gleichgewicht und prallte gegen den Tisch im Cockpit. Nun leidet der Arme an einer Rippenprellung.

Kurz nach 13 Uhr legten wir in der Marina von Peterhead an. Der Weg dorthin führt durch ein großes Hafenbecken, in dem Versorgungsschiffe der Ölinseln liegen. Wir baten den Hafenmeister über Funk um die Erlaubnis zur Einfahrt. Er fragte, ob wir zum ersten Mal hier wären. Auf unsere Antwort erklärte er uns freundlicherweise, wo wir anlegen können.

Wir fühlen uns hier sehr wohl. An den Schwimmstegen mit Wasser und Strom hat es viel Platz. Der Hafenmeister brachte uns sogar den Schlüssel für die Duschen ans Boot – er war nicht da, nachdem wir angelegt hatten und wir sind erst mal schlafen gegangen. Und – im Moment wird sogar eine laundry eingerichtet, was will frau mehr ;-) .

 

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