Wir haben unser Ziel erreicht

 

Nach 286 sm und 52,5 Stunden legten wir am Mittwoch gegen 14 Uhr Ortszeit in Höfn / Island an, sehr zu unserer Freude an der Yacht Tuuletar von Raija und Pekka, einem finnischen Ehepaar. Mit den beiden haben wir uns schon in Torshavn gut verstanden.

Am Montag um 10.30 Uhr hieß es für uns – Leinen los. Mit der Strömung verließen wir den Hafen, hatten guten Wind aus Ost, 4 Bft, setzten gleich Großsegel und Genua, segelten die Küste von Streymoy entlang, umrundeten die Südspitze und – nix mehr, Flaute und spiegelglatte See. Die Färöer Inseln schützen sich oft gegenseitig. Oder sollte das bis nach Island so bleiben? Der Wetterbericht hatte mehr Wind vorausgesagt. Der Motor musste mal wieder herhalten. Kurz nach 15 Uhr fuhren wir zwischen Mykines und Vagar durch und verließen die Inseln endgültig. Lange waren sie noch zu sehen, bevor sie sich im Dunst aufzulösen schienen.

Der Nordatlantik hatte uns zurück. Der Wind nahm wieder zu, NO 4Bft. Jetzt aber schnell den Motor ausgemacht und Segel gesetzt! Die Wellen bauten sich rasch auf. Wir hatten mit halbem bis vorlichem Wind gerechnet. Daraus geworden ist ein Wind, der direkt in den Hafen von Höfn geblasen hat. Achterlichen Wind mag unsere Snow Goose nicht sehr. Unsere Dicke kommt dabei nicht richtig in Fahrt. Die Wellen wurden recht grob, hoben das Boot von hinten an und ließen es auf die eine oder auf die andere Seite rollen.

Den Parasailor ließen wir eingepackt. Bei direktem Wind von hinten geigt auch das Segel hin und her und wird ziemlich unstabil. Bei dem Wellengang müsste man höllisch aufpassen. Wir stellten die Genua weit aus.

Bei diesen Wind – und Wellenverhältnissen ließ die Seekrankheit nicht lange auf sich warten. Irgendwann ging`s mir wieder schlecht. Was mir auch sehr zu schaffen machte war, dass wir so langsam vorankamen. Auf den Wellenkämmen verloren wir Geschwindigkeit, oft bis unter 4 Knoten. Wenn man das auf geplante 280 sm hochrechnet…Dieses Gefühl, dem ausgesetzt zu sein, nichts machen zu können, war für mich schwer auszuhalten.

In der Weite des atlantischen Ozeans verließ mich der Mut. Bin ich zu unbedarft an die Sache herangegangen? Habe ich mir zu wenig Gedanken gemacht? Segeln wir mal kurz nach Island, wenn wir schon mal da sind, so dachte ich bevor das Abenteuer begann. Würde ich hier an meine Grenzen kommen und weinend zusammenbrechen?

Eigentlich nicht. Dieses Mal ließ ich mich von der Seekrankheit nicht unterkriegen. Drei Mal musste ich erbrechen, danach ging`s mir wieder gut. Ich löste Walter am Ruder ab und freute mich, wenn er friedlich im Salon schlief. Wir legten uns abwechselnd hin. Ich lag jedoch ungleich länger in der Koje als Walter. Sie wurde nie kalt. Meinem Magen redete ich gut zu, er solle das gute Wasser, das ich ab und zu trank, weitertransportieren.

Und ich schaute den Seevögeln zu. Den ganzen Weg waren welche zugegen. In eleganten Bögen flogen sie waghalsig nahe über dem aufgewühlten Wasser. Manchmal verschwanden sie zwischen mächtigen Wellen. Erschreckt wartete ich, dass sie wieder erscheinen. Drollig anzuschauen war ihre Landung auf dem Meer. Mit ihren Flügeln machten sie rasche, kleine Bewegungen, ihre Schwimmfüßchen setzten sie breitbeinig nach vorne, um zum richtigen Zeitpunkt auf dem Wasser auf zu setzten. Danach ordneten sie erst mal ihre Flügel. Merkwürdig war, dass wir nie gesehen haben, dass sie einen Fisch gefangen haben. Getaucht sind sie auch nicht. Walter meinte: „Warten die tatsächlich, dass ihnen ein Fisch in den Mund springt?“ Wobei sie jedoch mehr oder weniger wohlgenährte Bäuchlein hatten.

So vergingen diese langen Stunden.

Plötzlich, es war 8.30 Uhr, tauchten aus dem Dunst, entlang des gesamten Horizontes, schneebedeckte Berge auf – Island. Darüber stand ein schmales Wolkenband am zarten, hellen Blau des Himmels. Die Sonne wärmte mir den Rücken, von vorne blies mir eiskalter Fahrtwind ins Gesicht. Die Wellen rauschten unter der Snow Goose durch, übertönten die einzelnen Rufe der Seevögel. Nach fast zwei Tagen wieder Land zu sehen, war überwältigend. Der Anblick von Island war wunderschön. Alle Mühen und Anstrengungen waren vergessen. Unser Ziel war greifbar nahe. Ich war müde, doch immer wieder musste ich nach vorne schauen. Die Berge wurden immer größer, riesige Gletscher zeigten sich und schwarzes Gestein. Das Wetter war sonnig, es schien zu sagen, so schlimm bin ich doch gar nicht. Ich holte mir einen Sonnenbrand im Gesicht.


Nachdem wir, laut Hafenhandbuch, die schwierigste Hafeneinfahrt von Island gemeistert, unser Boot festgemacht hatten und wir auf isländischem Boden standen, fielen Walter und ich uns in die Arme.

 

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